Betriebskosten
Korrekturverlangen des Mieters zeitlich begrenzt?
Sieht der Mietvertrag eine Betriebskostenvorauszahlung mit „spitzer“ Abrechnung nach dem Ende der Abrechnungsperiode vor, so hat der Mieter - selbstverständlich - einen Abrechnungsanspruch (§§ 259, 556 Abs. 3 BGB). Er wird mit dem Ende der Abrechnungsfrist fällig.
Der Vermieter muss innerhalb der Abrechnungsfrist (12 Monate nach Ende der Abrechnungsperiode) abrechnen. Geschieht das nicht, kann er einen Nachzahlungssaldo nicht mehr einfordern. Davon unbeeinflusst kann der Mieter seinen Abrechnungsanspruch während der Verjährungsfrist von 3 Jahren, beginnend mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Abrechnungsfrist geendet hatte, weiterverfolgen. Nehmen wir nun an, die erteilte Abrechnung ist inhaltlich falsch. Müsste der Vermieter jetzt nach dem zwischenzeitlich eingetretenen Ende der Abrechnungsfrist eine komplett neue Abrechnung erstellen, käme sie zu spät (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB). Denn der Mieter müsste dann einen etwaigen Nachzahlungssaldo nicht mehr entrichten (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB). Deshalb wird spannend, ob die ursprüngliche rechtzeitige Abrechnung an sich noch gilt, der inhaltliche Fehler nachmalig korrigiert werden kann, und der Mieter deshalb noch nachzahlen muss, wenn sich jetzt zu seinen Lasten ein Nachzahlungssaldo ergibt.
Fehler innerhalb der Frist erkannt
Ist die Abrechnung formell ordnungsgemäß, wahrt auch eine inhaltlich falsche Abrechnung die Abrechnungsfrist binnen einen Jahres seit Ende der Abrechnungsperiode ((§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB; BGH, Urteil vom 17.11.2004 - VIII ZR 115/04, BGH, Urteil vom 12.12.2007 - VIII ZR 190/06). Keine Probleme entstehen deshalb, wenn der Vermieter einen erkannten Fehler noch innerhalb der Abrechnungsfrist korrigiert. Der Mieter muss dann nachzahlen.
Fehler außerhalb der Frist erkannt
Wird der Fehler später erkannt, so ist seine Korrektur zulasten des Mieters nach Ablauf der Abrechnungsfrist (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB) allerdings ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat den Fehler nicht zu vertreten (BGH, a. a. O.). Das bedeutet:
Weil der Mieter grundsätzlich seinen Anspruch auf Erteilung einer korrekten Abrechnung (§§ 259, 556 Abs. 3 BGB) behält, ist die Abrechnung auf jeden Fall zu korrigieren, auch nachdem die Abrechnungsfrist abgelaufen ist. Endet die Abrechnung dann mit einem Guthaben für den Mieter, stellen sich keine weiteren Fragen. Das Guthaben ist dann auszuzahlen. Aber: Endet die Abrechnung mit einer Nachzahlung für den Mieter, so muss der Mieter in diesem Fall nichts mehr zahlen.
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Ausnahmen
Ausnahme 1: Der Vermieter hat den Fehler nicht zu vertreten, weil er entweder nicht auf einem eigenen Verschulden oder aber auf einem Verschulden zurechenbarer Dritter (zum Beispiel Ablese- und Abrechnungsfirma) beruht. Mit Erfolg aus der Affäre ziehen kann er sich aber dann, wenn dem Vermieter noch keine Belege als Abrechnungsgrundlage vorliegen.
Ausnahme 2: Das gilt auch, wenn der Mieter dem Vermieter nach Auszug seine neue Adresse nicht (rechtzeitig) mitgeteilt hat. Gleich steht der Fall, dass der Mieter sich bei der zuständigen Behörde nicht umgemeldet oder den rechtzeitigen Zugang der Abrechnung anderweitig vereitelt hat (z. B. unterlassene Anbringung oder Entfernung des Namens vom Briefkasten oder unterlassene Information des Vermieters über einen Namenswechsel nach Eheschließung: AG Frankfurt, Urteil vom 20.3.2019 - 380 C 296/18).
Ausnahme 3: Der Fehler war auch für den Mieter auf den ersten Blick erkennbar. Dann soll der Mieter nach Treu und Glauben gehindert sein, sich auf den Ablauf der Abrechnungsfrist zu berufen, wenn der Vermieter von ihm eine Nachzahlung auf die abgerechneten Betriebskosten verlangt (BGH, Urteil vom 30.3.2011 - VIII ZR 133/10, NJW 2011, 1957).
Korrekturverlangen
Es bleibt die Frage, wie lange der Mieter eine Korrektur inhaltlich falscher Betriebskostenabrechnungen verlangen kann. Das ist im Ergebnis bis zur erfolgreich erhobenen Einrede der Verjährung des Abrechnungsanspruchs durch den Vermieter möglich.
Wohn- und Gerwerberäume
Im Übrigen ist zwischen der Wohnungsmiete und der Gewerberaummiete zu differenzieren:
Bei einem Wohnraummietverhältnis ergibt sich der Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung aus § 556 Abs. 3 BGB. Hier kann der Vermieter aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sein, eine inhaltlich fehlerhafte Betriebskostenabrechnung zu korrigieren, selbst wenn die Abrechnung nur solche inhaltlichen Mängel zeigt, die der Mieter selbst beheben kann. Einen solchen Fall hat das LG Krefeld angenommen, wenn dem Mieter ein berechtigtes Interesse an der Korrektur durch den Vermieter zuzubilligen ist (LG Krefeld, Urteil vom 4.1.2023 -2 S 11/22, ZMR 2023, 370), so etwa dann, wenn die Abrechnung im Rahmen des Bezugs von Sozialleistungen gegenüber dem Sozialhilfeträger als Nachweis angefallener Kosten dient.
Bei Gewerberaummietverhältnissen ist die im Wohnungsmietrecht geltende Anspruchsgrundlage nicht anwendbar; deshalb folgt die Abrechnungspflicht für den Vermieter mit einem entsprechenden Anspruch des Vermieters aus der allgemeinen Vorschrift des § 259 BGB (Both, in: Gohling/Günter, Kommentar zur Gewerberaummiete, 3. Aufl. 2024, § 556 BGB Rn. 47 mit weiteren Nachweisen). Auch hier ist die Abrechnungspflicht erfüllt, wenn die Abrechnung formell ordnungsmäßig erstellt wurde (Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 16. Aufl. 2024, § 556 Rn. 279). Bei der Gewerberaummiete kann der Vermieter eine Abrechnung stets ohne Sanktionen korrigieren, da er nicht an die Ausschlussfrist des Wohnungsmietrechts in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB gebunden ist (OLG Brandenburg, Urteil vom 23. 5. 2023 - 3 U 94/22, IMR 2023, 409).
Die Abrechnung hat sich grundsätzlich am Aufbau und an den Ziffern der Betriebskostenverordnung zu orientieren (BGH, BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 – VIII ZR 285/15, IMR 2017, 182; AG Hamburg, Urteil vom 3.3.2022 - 48 C 320/20, IMR 2022, 273; AG Aachen, Urteil vom 16. März 2016 – 115 C 448/15, WuM 2016, 288; AG Hamburg, Urteil vom 21.12.2022 - 49 C 149/22, IMR 2023, 223; zum Streitwert einer Klage auf ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnung: BGH, Beschluss vom 24. 8. 2022 - XII ZB 548/20, IMR 2023, 427; BGH, Beschluss vom 10.1.2017 - VIII ZR 98/16, MDR 2017, 725). Für die Bewertung als formell ordnungsgemäß unbedeutend bleibt, wenn die Betriebskostenabrechnung nicht an den Mieter adressiert und nicht unterschrieben ist (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.5.2023 - 3 U 94/22, IMR 2023, 409). Sammelpositionen wie zum Beispiel „Hausmeister/Garten/Treppe“ sind allerdings formell unwirksam und machen eine Betriebskostenabrechnung nichtig (AG Hamburg, Urteil vom 21.12.2022 - 49 C 149/22, IMR 2023, 223; BGH, Beschluss vom 6.7.2021 - VIII ZR 37/19 IMR 2022, 53).
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen