


Drohnen
Zum Abschuss freigegeben?
Flugdrohnen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Sie begeistern das Herz von Hobbypiloten, bereichern Bildmotive von Fotografen, sind bei der Brandbekämpfung und im Katastrophenfall wertvolle Erkenntnisgeber, wenn es für Menschen direkt zu gefährlich wird, und bekommen schließlich als Aufklärungsdrohne oder als Waffe - leider - eine immer größere militärische Bedeutung.
Im zivilen Bereich ärgern sie häufig die Nachbarn. Man fühlt sich beobachtet, ausgespäht, und dies nicht selten in seinen privatesten Bereichen und Ruhezonen. Zivilrechtliche Abwehr- und Beseitigungsansprüche sowie Unterlassungsansprüche wegen der Beeinträchtigung des Eigentums und des Besitzes aus §§ 1004, 862 BGB und wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§§ 823 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Artikel 1GG, § 853 BGB) sind dann die Folge. Datenschutzrechtliche Verstöße treten hinzu.
Dazu ein Fallbeispiel:
Die Lebensgefährtin des Nachbarn N mag sich an den Film „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ erinnert haben, als sie auf einer Sonnenliege im Garten liegend und lesend in ca. 7 m Höhe die Flugdrohne ihres Grundstücksnachbarn G über Ihr kreisend bemerkte. Die Lebensgefährtin, nennen wir sie L, stellte daraufhin G zur Rede und erkundigte sich danach, ob die Drohne über eine Kamera verfüge, die Echtzeitbilder übertrage. G bejahte das. Daraufhin verbot L einen weiteren Überflug des Grundstücks. G schlug das buchstäblich in den Wind. Er lasse sich bei der Ausübung seines Hobbys nicht behindern. N klagt gegen B auf Unterlassung.
Überfliegen verletzt Privatsphäre
Das AG Potsdam folgt dem (Urteil vom 16.4.2015 - 37 C 454/13, zitiert nach juris). Wir sehen: Der Potsdamer Amtsrichter hatte für das „Hobby“ des G überhaupt kein Verständnis. Er sah in dieser Handlung ein gezieltes Überfliegen des Grundstücks des unbeliebten Nachbarn N, das schon fast einem Mobbing gleichkomme, und gab dem Unterlassungsanspruch des N aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der Privatsphäre statt. G habe durch den Überflug der von ihm gesteuerten Drohne unter Fertigung von Bildern in Echtzeitübertragung in das Persönlichkeitsrecht des N und der L eingegriffen. Zum Recht auf Privatsphäre gehöre auch die Integrität eines räumlichen Bereichs, der dazu bestimmt sei, für sich zu sein, zu sich zu kommen, sich zu entspannen oder sich auch gehen lassen zu können, so das AG Potsdam ausdrücklich (Rn. 22 der Entscheidungsgründe; ebenso Regenfus, NZM 2011, S. 799, 800 mit weiteren Nachweisen).
Die Bereiche eines Grundstücks, die von öffentlichen Flächen oder angrenzenden Privatgrundstücken aus nicht einsehbar seien, seien typischerweise Rückzugsorte des jeweiligen Nutzers, weshalb Beobachtungen anderer Personen als Ausspähung das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen. Dies gelte umso mehr, wenn das Grundstück - wie hier durch eine hohe Hecke - gegen fremde Blicke erkennbar abgeschirmt sei. Die Privatsphäre habe in jedem Falle Vorrang vor der reklamierten Handlungsfreiheit in Bezug auf die Ausführung eines Hobbys. Im Übrigen gehe es hier nicht um die Ausübung eines Hobbys, etwa vergleichbar mit dem "kindlich unschuldigen" (so das Gericht wörtlich) Steigen lassen eines Drachens oder eines ferngelenkten Modellflugzeugs, sondern um das Ausspähen eines unliebsamen Nachbarn mit einer Flugdrohne, deren Kamera unstreitig während des ganzen Fluges eingeschaltet war und Bilder in Echtzeit davon übertrug.
Wiederholungsgefahr
Neben der Rechtsverletzung bestehe auch eine Wiederholungsgefahr, die schon aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten sei (Rn. 25 der Entscheidungsgründe; ebenso: BGH, NJW 2012, S. 3781; Palandt/Bassenge, Kurzkommentar zum BGB, 73. Auflage 2014, § 1004 BGB Rn. 32). Dies gelte trotz der abgegebenen Unterlassungserklärung für die Zukunft. Denn sie sei ohne die geforderte Strafbewehrung (Anm. des Verf.: Für jeden Fall des Zuwiderhandelns ist ein Geldbetrag zu entrichten) erfolgt. Eine Unterlassung ohne Strafbewehrung aber räume die Wiederholungsgefahr nicht aus (Rn. 25 der Entscheidungsgründe; ebenso: Baldus, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013 § 1004 BGB Rn. 292 mit weiteren Nachweisen). Zu Recht brummte der Potsdamer Amtsrichter dem allzu neugierigen Nachbarn G auch die vorprozessualen Anwaltskosten sowie insgesamt geltend gemachte Zinsen auf (§ 826, 249, 291, 288 BGB).
Ist Drohnen abschießen erlaubt?
Das AG Riesa (Urteil vom 24. 4. 2019 - 9 Cs 926 Js 3044/19, juris) hält sogar in einer Strafsache gegen den Schützen den Abschuss einer Drohne beim Überflug über ein fremdes Grundstück durch dessen Eigentümer für rechtmäßig. Der Leitsatz der Entscheidung im Wortlaut:
„Wenn der Grundstückseigentümer eine über seinem Grundstück in einer Höhe von 5-15 m fliegende und mit einer Kamera ausgestattete Drohne mit dem Luftgewehr abschließt, ist die Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch einen Defensivnotstand gemäß § 228 BGB gerechtfertigt, weil eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des mit Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrechts des Grundstückseigentümers vorliegt, ein milderes, gleich geeignetes Mittel nicht ersichtlich ist und der Abwehrschaden zu der drohenden Gefahr nicht außer Verhältnis steht“.
Das Gericht wertet den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Straftatbestand (§ 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Der Überflug verletze zudem das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG), so das Gericht. Denn nach § 905 Satz 1 BGB erstrecke sich das Recht des Eigentümers eines Grundstücks auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Nach Satz 2 der Vorschrift könne der Eigentümer Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass der Eigentümer an ihrem Ausschluss kein Interesse habe. Hier liege es anders; Ein fehlendes Ausschließungsinteresse sei schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Drohne lediglich in einer sehr geringen Höhe von 5-15 m über dem Grundstück flog.
Gleiches Recht für Kommunen
Was für Privatleute gilt, gilt auch für Behörden. Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist es Kommunen nicht erlaubt, mit Drohnen Privatgrundstücke zu überfliegen, um die Geschossfläche der dort auf stehenden Wohngebäude zu ermitteln und sie zur Grundlage zur Bemessung eines Kanalanschlussbeitrages zu machen (Bayerischer VGH, Beschluss vom 15.2.2024 - 4 CE 23.2267, juris).. Darin liege einer Persönlichkeitsrechtsverletzung des betroffenen Immobilieneigentümers, die auch nach dem Bayerischen Landesdatenschutzrecht nicht gerechtfertigt sei (anderer Ansicht: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.2.2025 - 29 L 3128/24, juris - Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1.1lit. e) DSGVO angenommen).
Einsatz nach Zustimmung möglich
Für Flugdrohnen gelten besondere Vorschriften. So dürfen aufzeichnungsfähige Drohnen nur dann eingesetzt werden, wenn der Nutzungsberechtigte des Grundstücks - also entweder der selbstnutzende Grundstückseigentümer oder in Mietverhältnissen der Mieter - ausdrücklich zugestimmt hat (§ 21 b Abs. 1 Ziffer 7 Luftverkehrs-Ordnung in der Fassung vom 6. April 2017; Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten (Drohnen) vom 30.03.2017, in Kraft getreten am 01.09.2017, BGBl. I Nr. 17/2017, S. 683). Ein Verstoß gegen die Vorschrift zieht als Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld nach sich (§ 44 Abs. 1 Nummer 17 b LuftVO). Dessen ungeachtet verletzt der Drohneneinsatz ohne Zustimmung immer das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Grundstücksnutzers oder Grundstückseigentümers (AG Potsdam, Urteil vom 16.4.2015 - 37 C 454/13, zitiert nach juris).
Bildmaterial veröffentlichen?
Und schließlich noch ein kurzer Hinweis für unsere foto- und filmbegeisterten Lesenden: Luftbildaufnahmen, gefertigt durch eine Drohne, sind nach Auffassung des BGH urheberrechtlich unzulässig. Sie sind durch die für die Anfertigung von Fotos in Deutschland geltende „Panoramafreiheit“ (§ 59 Abs. 1 Satz 1UrhG) nicht mehr gedeckt (BGH, Urteil vom 23.10.2024 - I ZR 67/23, juris). Dementsprechend ist die Veröffentlichung von Luftbildern, gefertigt durch Drohnen von urheberrechtlich geschützten Werken, durch die Panoramafreiheit in diesen Fällen ebenso nicht mehr gedeckt (OLG Hamm, Urteil vom 7 20.4.2023 - 4 U 247/21, MDR 2023, 997; vergleiche auch: BGH, Urteil vom 27. 4. 2017 - I ZR 247/15, juris, Rn. 91 der Entscheidungsgründe).
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen






